Die Geschichte unserer Zucht
Wenn Jürgen Utermöhlen aus Weng bei Griesbach im Rottal von Trakehnen und seinen Pferden erzählte, war das für uns wie eine Reise in eine andere Welt. Obschon ich ja von Jugend auf ein Faible für Pferde und Reiten hatte - das war so faszinierend, dass wir manchen langen, langen Abend auf der kleinen Hengststation verbrachten, auf der u.a. Vektor v. Rosenberg zu Hause war. Geschichte und Kultur der Rasse mit dem Bezug zur Elchschaufel begeisterten uns.

Zu Beginn der 70er-Jahre konnten wir uns einen Traum verwirklichen - am Ortsrand von Tann in der Nähe von Pfarrkirchen erwarben wir ein Grundstück am Wald und bauten Wohnhaus und Stallungen nach eigenen Plänen. Als die Anlage 1973 fertiggestellt war, stellte sich keine Sekunde lang die Frage, welche Pferde hier einziehen sollten - Trakehner natürlich! Die erste Stute in Tann war Korovin v. Vivaldi u.d. Komtesschen v. Hessenstein. Auch wenn sie züchterisch kaum Spuren hinterließ, verdanken wir ihr doch eine jahrzehntelange Freundschaft mit Hans-Werner Paul.

Begründerin unserer Trakehnerzucht, die seit meiner Pensionierung in kleinem Umfang geführt wird, wurde eine andere Stute. Schöner Morgen, eine Tochter des Spitzenvererbers Arogno aus der Schrallinger Elitestute Schöner Tag v. Tenor, hatte uns schon als Fohlen in ihren Bann gezogen. Aber es sollte noch fast vier Jahre dauern, bis unser verehrter Züchterkollege Hans Ernst "Ted" Wezel sich von diesem Schmuckstück trennen wollte. Schöner Morgen war bereits Endringstute ihrer Zentralen Eintragung gewesen und anlässlich der Trakehner Bundesschau in Verden mit einem Ic-Preis ausgezeichnet worden, bis wir die Stute im Sommer 1990 erwerben konnten. Bereits in unserem Besitz präsentierte sie sich bei der Bundesschau aller Rassen und wurde Reservesiegerin ihrer Altersklasse – ein toller Schauerfolg, dem Schöner Morgen 1994 noch den Gesamtsieg bei der V. Bayerischen Trakehner

Landesstutenschau folgen ließ. Schöner Morgen stellte in unserer Herde nicht nur mit Schöne Zeit eine hervorragende Tochter, ihre Nachzucht ließ uns auch in Neumünster fiebern: 1995 verpasst Schöner Zauber v. Herzzauber zwar das Okay der Körkommission, wurde dann aber als Preisspitze für noch nie dagewesene 90.000 DM über die Auktion nicht gekörter Hengste in die Niederlande versteigert.

Ihrer so wertvollen Mutter folgte die aparte Schimmelstute Schöne Zeit v. Herzzauber in die Fußstapfen. Sie brillierte nicht nur als typstarkes Stutenmodell mit guten Bewegungen, sondern auch als Springtalent: Für ihr Freispringen bekam sie bei der SLP eine 9,5 - Grund genug für den Trakehner-Verband, sie ins GP-Programm aufzunehmen. Viel zu früh folgte sie ihrer Mutter auf die immergrünen Weiden. Ihren Platz in unserer Herde hat ihre schwarze Tochter Schöne Welt III v. King Arthur eingenommen, die wie die Mutter bei der Leistungsprüfung überzeugen konnte.

Den ersten gekörten Hengst aus unserer Zuchtstätte haben wir einer weiteren Stammstute zu verdanken - der Vollblüterin Temple Touch xx, die wir auf Vermittlung des befreundeten Pferdemannes Kai Rasp in unseren Stall bekamen. Die Stute, die heute ihren wohlverdienten Ruhestand genießt, ist eine wahre Rarität in der deutschen Zuchtlandschaft: Aufgrund ihrer Gang- und Exterieurqualität, ihrer Eigenleistung auf der Rennbahn, ihrer Fruchtbarkeit und der sportlichen Qualität ihrer Nachzucht ist sie nicht nur Prämien- und Elitestute des Trakehner-Verbandes, sondern auch in alle vier Leistungsstutbücher der FN eingetragen. Gerade mal 12 Stuten in der 35-jährigen Geschichte dieser Leistungsstutbücher konnten in diesen wahrhaft elitären Zirkel aufgenommen werden - und Temple Touch xx war die erste Vollblüterin.
   Temple Touch xx war es, deren bei uns gezogene Kinder uns zu gespannten Beobachtern des gehobenen Vielseitigkeitssports machten. Temple Touch xx war es, die uns mit ihrem Sohn Touch my Heart einen lang gehegten Wunsch erfüllte: Der imposante Herzruf-Nachkomme wurde 2011 auf dem Hengstmarkt in Neumünster gekört und als Bester Halbblüter der Körung herausgestellt.

Unser Herz schlägt für die Pferde - was gibt es Schöneres als von Wohnzimmer oder Terrasse aus den Stuten mit ihren Fohlen oder den "jungen Wilden" auf der Koppel zuzuschauen? Ganz besonders aber schlägt unser Herz für die Trakehner. Ihre Geschichte fasziniert uns, die Pferde selber haben uns überzeugt - und sie haben uns nie enttäuscht. Auch wenn es uns nun im hohen Alter immer schwerer fällt, die tägliche Arbeit rund um den Stall zu meistern, die Aufgabe unserer kleinen Zucht ist noch immer kein Thema. Die Pferde haben uns in den letzten 40 Jahren so viel gegeben und - sind wir mal ganz ehrlich - was gibt es Schöneres als die Vorfreude auf die nächsten Fohlen? So freuen auch wir uns mit ganzem Herzen auf unseren Jahrgang 2013, der - so Gott will - eine muntere kleine Mannschaft von drei Youngsters aus sorgfältig geplanten Anpaarungen umfassen wird.